Wie der Herr, so sein Gescherr - Mit dem Hund durch den Großstadtdschungel

Wie der Herr, so sein Gescherr - Mit dem Hund durch den Großstadtdschungel
Jeder Hund kann sich an der Seite der Menschen an das hektische Leben in der Großstadt gewöhnen, auch wenn sein Instinkt ihm sagt "Bloß weg hier!". Von Natur her ist ihm diese laute menschliche Welt unerklärlich, aber er ist in der Lage sich den Gegebenheiten anzupassen und sich zwischen Straßen, Autos und vielen Menschen zurechtzufinden. Dafür braucht er allerdings seine Familie, die ihm die notwendige Ausrichtung und Sicherheit gibt und ihm zeigt, wie er sich in bestimmten Situationen verhalten soll. Sie müssen auch in gefährlichen Situationen souverän und ruhig bleiben. Eine weitere Voraussetzung für einen stressfreien Spaziergang durch die Straßen der City ist für den Hund eine feste Bindung zum Menschen. Das Tier muss gelernt haben, sich an Sie zu orientieren und sollte das Gefühl haben, das die Familie immer weiß, was, was zu tun ist.
Leinenführigkeit
In vielen deutschen Städten gibt es keinen generellen Leinenzwang. Trotzdem sollte Ihr Hund aus Sicherheitsgründen in der Großstadt nicht frei herumlaufen. Die spontane Reaktion auf einen Reiz (Katze, Eichhörnchen, Krähe, Taube, anderer Hund) kann ihn und andere gefährden. Eine locker geführte Leine gibt dem Hund zusätzlich Sicherheit und beruhigt – sie ist seine Nabelschnur zum Rudelführer.
Die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover liegt bekanntlich von Natur aus an der Leine. Einen Hund dagegen an die Leine zu legen, widerspricht seiner Natur, ist aber unabdingbar. Eine Leine schützt ihn vor Gefahren und andere, ängstliche Menschen vor dem Hund. Eine Leine bedeutet für den „Außenstehenden“: Der Hund ist unter Kontrolle. Eine Leine ist ein Trainingshilfsmittel und noch viel mehr. Sie ist die sichtbare und spürbare Bindung zwischen Halter und Hund. Doch der Umgang mit ihr will gelernt sein.
Der Hund sollte sich freuen, wenn er die Leine sieht und mit dem Schwanz wedeln, weil sie für ihn Spaziergang und damit Spaß, Spiel und Abenteuer signalisiert. Was sie nicht sein darf, ist eine Anbindungshilfe oder Erziehungsmaßnahme, die begrenzen oder strafen soll. Der Hund verknüpft dann mit ihr diese negativen Erlebnisse und wird sich zurückziehen und ausweichen, so bald der Halter zur Leine greift. Das ist keine gute Basis für ein vertrauensvolles Verhältnis in der Familie. Die Leine ist das Band, dass das Team Mensch-Hund zusammenhält, sie ist nicht nur zum lenken und leiten da, sondern soll dem Hund auch Sicherheit geben.
Die Leine ist für einen jungen oder Leine unerfahrenen Hund zunächst etwas, gegen das er sich instinktiv wehrt. Für ihn verhindert sie, dass er sich aus unangenehmen Situationen durch Flucht befreien kann. Er versucht also durchs Halsband zu schlüpfen oder die Leine durchzubeißen, um sie loszuwerden. Nur wenn Sie ruhig und gelassen bleiben und sich nicht zu Zerr- und Ziehspielen verleiten lassen, wird Ihr Vierbeiner das Interesse verlieren und sich fügen.
Bei Welpen gilt es also, sobald sie in die Leine beißen, stehen zu bleiben und Ruhe auszustrahlen. Vielleicht stellen Sie einen Fuß dabei einfach auf die Leine. Ignorieren Sie sein Verhalten unbedingt. Schauen Sie sich lieber die Umgebung an. Sobald der Hund aufhört zu ziehen und zu zerren, gehen Sie weiter.
Hat der Hund gelernt, an der Leine zu laufen und Sie als Führer akzeptiert, kann die Leine auch ein Motivationsmittel sein. Sie können Ihrem Hund die Leine als Spielzeug anbieten und ein kleines „Tauziehen“ veranstalten, woraus der Hund auch ruhig mal als Gewinner hervorgehen kann. Das ist für ihn eine enorme Bestätigung für eine gute Leistung. Sie müssen dabei allerdings der Spielleiter bleiben: Sie drücken auf „Start“ und Sie drücken auf „Pause“. Merken Sie, dass Ihr Hund Sie und bereits getroffene Übereinkünfte in Frage stellt, sollte die Leine lediglich ein Sicherheitsband und nicht mehr ein Spielzeug sein. Ansonsten versucht der Hund nämlich auch mit Hilfe der Leine zu zeigen, wer das Sagen hat.
Wichtig: Die Leine sollte immer locker sein. Machen Sie sich interessanter als das Objekt der Begierde auf der anderen Straßenseite oder die News am nächsten Baum. Bauen Sie in Ihren Spaziergang kleine Spiele ein. Lassen Sie den Hund auf Mauern laufen oder einen Gegenstand suchen. So werden Sie für Ihren vierbeinigen Begleiter die Hauptattraktion des Spaziergangs und haben seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
Ein spezielles Brustführgeschirr (siehe Trainingshilfsmittel Seite…) richtet das Interesse wie von selbst immer auf Sie und nimmt dem Hund die Möglichkeit von Ihnen wegzustreben. Dadurch minimiert sich das Ziehen wie von selbst, jetzt müssen Sie dieses positive Verhalten nur noch mit viel Lob oder Leckerlis bestätigen und verfestigen.
Und schimpfen Sie nicht mit ihrem Hund. Dem Interessanten zu folgen, liegt in seiner Natur, sein Instinkt führt ihn zu möglichen Futterstellen oder Artgenossen. Die Leine wird dann schnell zum Begrenzer und wenn der Hund lernt, mit genügend Kraftaufwendung dieser Begrenzung entgegenwirken zu können, beginnt für Sie der „Kampf am laufenden Band“. Mit jedem Millimeter, den er mit der strammen Leine vorwärtskommt, wird er in seinem Handeln positiv bestätigt. Also: Lassen Sie sich nicht unter Zugzwang bringen. Das gilt auch, wenn Ihr Hund ins Geschirr springt, weil er sich über einen Artgenossen oder etwas Anderes aufregt. Bleiben Sie ruhig und brüllen Sie nicht herum. Erst wenn sich der Hund wieder beruhigt hat, geht es weiter. Um so sicherer und aufmerksamer Sie an dem einen Ende der Leine agieren, desto sicherer ist Ihr Hund auch am anderen Ende. Fühlt er sich allein gelassen, agiert er aggressiv um die vermeidliche Gefahr auf Abstand zu halten. Er knurrt und bellt – Das Ergebnis: Passanten weichen aus, Jogger machen einen Umweg und Radfahrer geben noch mal Gas. Für den Hund aber heißt das: klappt doch, guck mal, wie die abhauen, das habe ich wieder gut gemacht!
Wie der Herr, so sein Gescherr: Benutzen Sie die Leine als Ihren verlängerten Arm, der dem Hund Impulse gibt, Richtung und Tempo bestimmt. Lassen Sie Ihren Hund ruhig schnuppern, aber nur, wenn Sie es gestatten. Wenn Sie weitergehen wollen, ist die Schnupperrunde für Ihren Vierbeiner beendet!
Wenn das mit der Leine wie am Schnürchen klappt, können Sie nicht nur in Hannover mit Ihrem Hund locker an der Leine gehen.
DogCoach Enrico Lombardi zeigt auf im Video wie es geht
Überqueren der Fahrbahn
Der Hund kann nicht zwischen roter und grüner Ampel unterscheiden und er weiß nicht, wie schnell und gefährlich Autos sind – es sei denn, er hat schon schlechte Erfahrungen damit gemacht. Als Verkehrszeichen dient einzig und allein sein Halter. Er bestimmt die Regeln für seinen Vierbeiner.
- Bleiben Sie bei jedem Bordstein, egal ob mit oder ohne Ampel, stehen.
- Stoppen Sie Ihren Vierbeiner dabei aber wortlos und nicht mit einem Kommando wie „STOPP“, „BLEIB“ oder „SITZ“. Der Hund soll lernen, sich an die Körpersprache zu orientieren. Setzen Sie ihm ein Kommando, so verlässt er sich genau darauf. Ist der Hund auf ein Hörkommando trainiert und vergessen Sie dieses einmal, kann der Hund weiterlaufen, weil Sie nichts gesagt haben. Ist er im Gegensatz aber auf Ihre Körpersprache konzentriert, wird er stehen bleiben, wenn Sie stehen bleiben und laufen, wenn Sie laufen. Bleiben Sie vor jeder Bordsteinkante abrupt stehen. Belohnen Sie Ihn anschließend mit Leckerlis oder freundlichen Worten wie z.B. „Fein gemacht“.
- Erst auf Ihr Freizeichen, z.B. „Lauf“ oder „Weiter“ geht es gemeinsam über die Straße.
An den Straßenlärm gewöhnt sich der Hund genau so schnell wie der Mensch. Wird es dennoch stressig, wenn die Feuerwehr Alarm schlägt, Busse hupen, oder Lkws vorbeirauschen, können Sie Ihren Hund durch positive Reize wie Leckerlis ablenken und somit beruhigend auf ihn einwirken.
Viele Hunde fühlen sich sehr schnell in die Enge getrieben, das gilt insbesondere für Herdenschutz – und Hütehunde. Aber nicht immer ist genügend Platz in Passagen und auf Bürgersteigen. Eine kurze Pause mit dem Befehl „Sitz“ verknüpft, entkrampft für Hund und Halter die Situation – sollen die anderen ruhig die Vorfahrt behalten.
Begegnungen mit anderen Hunden und Menschen
Auch ist nicht jede Begegnung mit einem Artgenossen erwünscht. Hunde sind territorial orientierte Lebewesen und „Fremden“ gegenüber eher skeptisch. Wollen sie keinen Kontakt, haben sie an der Leine nur zwei Möglichkeiten: Ausweichen, oder den anderen dazu zu bringen. Auf der Straße ist für solche Ausweichmanöver nicht immer genügend Platz, der Spielraum an der Leine ist eingeschränkt. Also fängt der Hund an zu bellen, und wenn es für ihn besonders bedrohlich zu werden scheint, zerrt er an der Leine und im Geschirr. Drohende Hunde lassen wir Menschen nicht aufeinander los. Denn sonst würde dieses Verhalten zum Erfolg führen: Droht mein Hund, wird der andere schon ausweichen.
Besser ist es, vorbeugend zu wirken. Das bedeutet einerseits, dass Sie als Halter die Umgebung scannen müssen, um gegenüber Ihrem Hund einen Vorsprung zu erhalten. Entdecken Sie einen Hund zuerst, zeigen Sie Führung und signalisieren Sie Ihrem Hund: „Ich habe die Situation im Griff“.
Entspannen Sie sich und Ihren Hund, indem Sie ihm in solch einer Situation etwas ganz Tolles anbieten. Lenken Sie die Aufmerksamkeit auf sich, starten Sie ein kleines Suchspiel mit Belohnung und Ihr Hund wird diese Begegnungssituation als etwas Positives empfinden. Erhöhen Sie die Spannung, bieten Sie Abwechslung und Ihr vierbeiniger Freund wird den anderen Hund vergessen – Leckerlis und Spiele sind für jeden Hund einfach „interessanter“ als eine stressige, Kräfte aufreibende Begegnung mit einem Artgenossen.
Hunde kennen keine Höflichkeitsregeln und vornehme Zurückhaltung. Wenn Sie etwas Leckeres riechen, wollen sie es aus der Nähe betrachten. Ob die Beute in einer fremden Einkaufstasche oder Brötchentüte steckt, spielt dabei keine Rolle. Als Halter müssen Sie allerdings immer die Kontrolle über Ihren Vierbeiner gewährleisten – und nicht jeder Passant in der Einkaufsstraße ist ein Hundefan. Das Beschnuppern von fremden Leuten oder der Kontakt mit fremden Gegenständen kann durch einen kurzen Zug an der Leine, verknüpft mit einem energischen „Nein“ unterbunden werden. Bieten Sie Ihrem Hund eine Alternative an.
Möchte jemand Ihren Hund streicheln, so dürfen Sie das zulassen. Der freundliche Kontakt mit Menschen ist wünschenswert und in einer Großstadt allgegenwärtig. Haben Sie einen ängstlichen oder unsichereren Hund an der Leine, zwingen Sie ihn bitte nicht zu diesem Kontakt – das könnte „nach hinten losgehen“.
Im Nahverkehr
Da es aber nicht immer auf Schusters Rappen durch die Großstadt geht, ist es wichtig, den vierbeinigen Begleiter auf außergewöhnliche Umstände vorzubereiten. Je früher, umso einfacher. Wird dem Hund noch in der Prägungsphase (bis zur 16. Lebenswoche) beigebracht, dass das Fahren im Auto, in der U-Bahn, im Bus oder Zug etwas ganz „Normales“ ist, wird er Zeit seines Lebens keine Probleme mit dieser für ihn unnatürlichen Art der Fortbewegung haben.
Ist der Hund bereits älter und zeigt Ängste, können Sie ihn mit Geduld und Ruhe schrittweise daran gewöhnen. Ignorieren Sie sein ängstliches Verhalten, dass verringert die Angstreaktion. Belohnen Sie ihn für JEDEN Schritt in Richtung „Ungeheuer“!
Der Maulkorb
Lassen Sie sich beim Kauf eines Maulkorbs von einem Fachverkäufer beraten. Dieser Schutz darf nicht zu klein oder zu groß sein. Wichtig ist, dass der Hunde mit dem Maulkorb hecheln, trinken, seinen Kopf normal bewegen kann und sein Sichtfeld nicht eingeschränkt ist. Er muss sitzen, wie für uns Menschen ein Schuh. Passgenau, leicht und bequem anliegend.
Üben Sie sich in Geduld und üben Sie mit Ihrem Hund, so kommt es in der entsprechenden Situation auch zu keiner Panikreaktion. Für den Hund sollte der Maulkorb etwas Normales werden.
Machen Sie Ihren Hund neugierig auf den Maulkorb, lassen Sie ihn daran schnuppern. Füllen Sie ein wenig Futter in den Maulkorb, so dass der Hund seine Schnauze in den unbequemen Korb stecken muss, um an die „Beute“ zu gelangen. Wiederholen Sie diese Übung und schließen Sie – so ganz nebenbei – dabei die Nackenriemen. Zuckt der Hund zurück oder sperrt sich, versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt wieder. Auf keinen Fall Druck ausüben oder hektisch werden!
Haben Sie diese Hürde überwunden, schenken Sie Ihrem vierbeinigen Familienmitglied viel Lob. Eine Runde Kuscheln oder Spielen mit Maulkorb entspannt die für den Hund nervige Situation ebenfalls.
Machen Sie einen kleinen Spaziergang, verlängern Sie die „Laufzeit“ mit dem Maulkorb. In nur wenigen Wochen hat sich der Hund daran gewöhnt und ab sofort ist die gesamte Familie „citytauglich“!