Zuckerbrot und Peitsche?

Mal ehrlich. Würden wir arbeiten, ohne etwas zu verdienen, ohne eine Gegenleistung erhalten zu wollen? Es muss ja nicht gleich Geld sein, aber ein Dankeschön oder ein wenig Zuneigung würde den Spaß an der Sache doch merkbar erhöhen, oder?
Genau so geht es unseren Hunden. Auch sie benötigen etwas, um sich zu motivieren. Bei ihnen ist es unter anderem der Ernährungstrieb, welcher der Selbsterhaltung dient. Ohne Nahrung kein Dasein. Somit legt die Natur fest, richtiges Verhalten zu belohnen. Hat der Hund gut gejagt, wird er mit der Beute belohnt. Er ist erfolgreich gewesen und frisst sich nun satt. Hat er hingegen bei der Jagd Fehler gemacht und steht mit „leeren Händen da“, wird er versuchen, diesen Fehler nicht noch einmal zu wiederholen, denn das bedeutet für ihn, hungrig zu bleiben. Ohne diese natürliche Vorteils- und Nachteilsregel würde sich das Verhalten eines Hundes niemals ändern.
Diesen Ernährungstrieb sollten man sich in der Erziehung des Hundes zu nutze machen. Wenn der vierbeinigen Liebling motiviert werden soll, müssen seine natürlichen Bedürfnisse berücksichtigt werden: Einen Hund, der nicht spielen will, kann man nicht mit Spielzeug motivieren, einem satten Hund mit Futter zu locken, macht auch wenig Sinn. Passt jedoch noch ein Keks in den unersättlichen Magen des Hundes, wird er dafür schon „Sitz“ machen. Knurrt dem Hund der Magen, macht er so ziemlich alles, was von ihm verlangt wird. So einfach ist das, „Bestechung“ ist ein Naturprodukt.
Hundeerziehung ist eine individuelle Angelegenheit. Nicht jeder fordert das gleiche von seinem vierbeinigen Freund. Jede Familie hat einen anderen Anspruch an den Hund, die eine will einen „Entertainer“, die andere nur einen Freizeitbegleiter. Diese Ansprüche müssen natürlich auch der jeweiligen Rasse entsprechen. Aber es geht hier nicht um Dressur sondern um Gehorsam, Zuhause, im Alltag und unterwegs. Die Familie muss ihr vierbeiniges Mitglied vor Gefahren schützen und dafür sorgen dass der Hund nicht zur Gefahr für die Umwelt wird. Der Hund soll nicht alles von der Erde fressen, er könnte sich vergiften. Er soll nicht selbstständig über die Straße laufen, damit er nicht unter die Räder kommt. Er soll keine Besucher vertreiben, er ist schließlich nicht der Hausherr und er soll nicht bellen, man möchte schließlich das gute Verhältnis zu den Nachbarn wahren.
Für all diese Dinge ist der Hundehalter verantwortlich. Er muss seinen Hund positiv motivieren, also belohnen. Soll ein Hund zu ihm kommen, muss dieser wissen, dass es sich für ihn lohnt. Also bietet man seinem Hund etwas an, oder stellt etwas in Aussicht. Etwas, was der Hund gerne haben will. Und all diese wunderbaren Dinge bekommt er eben nur, wenn er sich entsprechend verhält.
Als Grundsatz gilt: 1. Konsequenzen unbedingt im zeitlichen Zusammenhang zur Handlung setzen (2 Sekunden) 2. Natürliche Bedürfnisse nutzbar machen (Ernährungs- / Beute- / Meute- /Spieltrieb) 3. Verhältnismäßigkeit waren (große Leistung = großer Lohn) 4. Wiederholungen dienen zur Festigung erlernter und neuer Verhaltensweisen
1.) Selbsterhaltungstriebe 2. Arterhaltungstriebe 3. Geselligkeitstriebe
Wenn Sie bewusst den Einzeltrieb Ihres Hundes aktivieren, wird er sich entsprechend „zu Ihren Gunsten“ verhalten. So aktiviert Futter den Ernährungstrieb des Hundes, so fern ein Bedarf vorhanden ist. Nun erfolgt eine Handlung/ Reaktion. Erhält der Hund daraufhin das Futter, wird zugleich seine Reaktion über die Triebbefriedigung bestätigt und dieser Prozess für zukünftige, vergleichbare Situationen, als Erfahrung gespeichert. So einfach ist das.
Ernährungstrieb wird über Nahrung aktiviert Bewegungstrieb wird über Aussicht auf Freilauf aktiviert
Jagdtrieb wird über gemeinsame Suchsequenzen aktiviert (Suchspiele)
Beutetrieb wird über Bewegung eines Objektes aktiviert (fliegender Ball, wedelndes Tuch)
Meutetrieb wird über Bindung aufgebaut und über Distanzvergrößerung aktiviert
Spieltrieb wird über gemeinsame interaktive Objektspiele oder Körperspiele aktiviert
Bei der Erziehung über Bekräftigung von hundlichen Verhaltensweisen sind vier Formen zu beachten, die ganz individuell gestaltet werden können. Die nachfolgende Graphik stellt dabei die Grundform und auch Beispiele dar. Man sollte seinen Hund über Erfolgserlebnisse erziehen. Das sorgt für positive Stimmung in der ganzen Familie. Es gibt unterschiedliche Formen der Belohnung und auch der Bestrafung, die aus der Situation heraus angewendet werden und dem entsprechenden hundlichen Charakter anzupassen sind. Wichtig: Die Verhältnismäßigkeit muss stimmen.
Für negative Konsequenzen gelten zunächst dieselben Regeln, wie für eine positive Einflussnahme. Auch die „Bestrafung“ ist situationsabhängig und muss dem Charakter des Hundes angepasst werden.
Aber, wenn bei der Belohnung ein Hundehalter direkt auf seinen Hund wirken kann und sollte, muss bei einer notwendigen Bestrafung oft stellvertretend für etwas gehandelt werden. Immer dann, wenn die unerwünschten Verhaltensweisen des Hundes nämlich nicht im direkten Zusammenhang zu seinem Menschen steht.
Ein Beispiel: Dein Hund frisst etwas von der Straße. Natürlich möchte man das als Hundehalter verhindern. Viele unterbinden dann dieses Fressverhalten, in dem der Hund durch Rufen und drohender Körperhaltung etwas Unangenehmes signalisiert wird. Der Hund hingegen verknüpft diese Reaktion nicht unbedingt mit seiner Handlung. Als Futterneider denkt er sich, dass der Mensch sein Fressen in Anspruch nehmen möchte. Mit Glück überlässt er auch das Futter. Er lernt jedoch dabei, dass dieses Futter etwas ganz besonders tolles ist, sonst würde ja sein Rudelpartner nicht so einen Alarm machen. Von nun an wird er noch viel intensiver auf die Suche nach „Straßennahrung" gehen und wenn er was findet, wird er es noch schneller verschlingen, damit er nichts von seiner Beute abgeben muss.
Wenn man mit etwas, was der Hund anstellt, nicht einverstanden, aber gleichzeitig gar nicht davon betroffen ist, sollte man nicht direkt einwirken. Dann müssen Alternativen parat liegen! Für eine erfolgreiche Einflussnahme eignen sich so genannte Trainingshilfsmittel, die z.B. akustische Signale setzen und den Hund in seinem Handeln unterbrechen. Wurde so ein „Break“ geschafft, kann nun der Hundehalter selber aktiv werden und das positive, weil gewünschte Verhalten des Hundes entsprechend belohnen.
Übrigens: Ihr Hund wird nicht böse auf Sie sein, wenn Sie ihn „bestrafen“. Hunde sind vorteilsorientiert. Haben Sie ihn korrigiert und gleich danach positiv bestätigt, kommt bei Ihrem Familienmitglied auch sofort wieder Freude auf.
Fazit: Es gibt keine Generalisierung in der Erziehung. Die Mischung macht`s! Der Einfluss auf den Hund muss zeitgenau, verhältnismäßig und situativ angepasst, dabei konsequent erfolgen. In der Hundeerziehung geht es um Sekunden. Wenn man nicht schnell auf ein unerwünschtes bzw. erwünschtes Verhalten entsprechend reagieren, ist alles für die Katz. Frei nach dem Motto: Wer zu spät reagiert, den bestraft der Vierbeiner.